Wirtschaftliche Lage der KTM AG – Krise, Sanierung und Ausblick (Stand Juni 2025)

KTM AG mit Sitz in Mattighofen (Oberösterreich) ist einer der führenden europäischen Motorradhersteller, bekannt vor allem für Offroad- und Sportmotorräder. Das Unternehmen gehört zur börsennotierten Pierer Mobility AG und vereint die Marken KTM, Husqvarna Motorcycles und GasGas. Nach Jahren des Wachstums geriet KTM 2024 in eine schwere finanzielle Schieflage. Hohe Schulden, Absatzrückgänge und strategische Fehlinvestitionen brachten das Traditionsunternehmen an den Rand der Insolvenz. Im folgenden Bericht wird die aktuelle wirtschaftliche Lage der KTM AG umfassend analysiert – mit Fokus darauf, ob eine Insolvenz eintrat oder abgewendet wurde – und welche Maßnahmen zur Rettung ergriffen wurden. Anschließend wird ein Ausblick auf die kommenden Monate gegeben, inklusive geplanter Umstrukturierungen und möglicher Veränderungen der Eigentümerstruktur.

KTM Insolvenz Timeline
KTM Insolvenz Timeline

Chronologische Timeline der Krise

Die folgende Timeline fasst die wichtigsten Ereignisse zusammen, die zur finanziellen Schieflage der KTM AG führten und schließlich in einem Sanierungsverfahren (Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung) mündeten:

ZeitraumEreignis
Pandemie-Boom 2020–21Starkes Wachstum während der Covid-19-Pandemie, KTM erhöht Produktion und Lagerbestände, Expansion ins E-Bike-Geschäft.
2022–2023: NachfrageabflachungNach dem Pandemie-Boom sinkt die Nachfrage, deutliche Absatzrückgänge bei Motorrädern und Fahrrädern. Große Lagerbestände an unverkauften Modellen entstehen, E-Bike-Sparte schreibt hohe Verluste.
Spätsommer 2024Erste Liquiditätsprobleme werden bekannt, KTM hat Schwierigkeiten, Lieferanten zu bezahlen, wirtschaftliches Umfeld verschlechtert sich weiter.
Ende November 2024KTM AG ist zahlungsunfähig und meldet Insolvenz in Form eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung an. CEO Stefan Pierer tritt zurück, neuer Vorstand wird bestellt. Die Schulden belaufen sich auf über 2 Mrd. Euro.
Dezember 2024Produktion wird gestoppt, viele Arbeitsplätze gehen verloren, Löhne werden verzögert oder nur teilweise gezahlt. Auch eine Tochtergesellschaft muss Konkurs anmelden.
20. Dezember 2024Erste Gläubigerversammlung, das Landesgericht eröffnet das Sanierungsverfahren, Verbindlichkeiten werden beziffert, ein Sanierungsplan wird vorgestellt.
Januar 2025Beauftragung einer Investmentbank, Suche nach Investoren, Gläubigerforderungen summieren sich auf über 2 Mrd. Euro. Produktion bleibt eingestellt.
25. Februar 2025Gläubigerversammlung stimmt Sanierungsplan zu. Die Gläubiger erhalten eine Quote von 30 % auf ihre Forderungen, Auszahlung bis spätestens Mai 2025.
März 2025Teilweiser Produktionsneustart dank Zwischenfinanzierung durch Bajaj Auto. Wiederaufnahme der Fertigung im Einschicht-Betrieb. Noch rund 3.000 Mitarbeiter im Unternehmen.
April–Mai 2025Erneute Produktionsunterbrechung wegen fehlender Zulieferteile, Verhandlungen mit Investoren laufen, Bajaj signalisiert weitere Hilfsbereitschaft.
20. Mai 2025Finanzierung für die Sanierungsquote ist gesichert, verbindliche Zusagen liegen vor, die Insolvenz kann abgewendet werden.
23. Mai 2025Die benötigte Summe wird fristgerecht eingezahlt, Konkurs ist endgültig abgewendet. KTM verlässt das Insolvenzverfahren als saniertes Unternehmen.

Analyse der Insolvenzgefahr

KTM ist tatsächlich insolvent geworden, jedoch im Rahmen eines Sanierungsverfahrens und nicht als endgültiger Konkurs. Ende November 2024 wurde Insolvenz angemeldet, das Unternehmen konnte sich jedoch in Eigenverwaltung sanieren und einen Insolvenzplan mit den Gläubigern aushandeln. Die drohende Zerschlagung wurde abgewendet.

Mehrere Faktoren führten zur Krise: Die Produktionsstrategie während des Corona-Booms führte zu überhöhten Lagerbeständen, während die Nachfrage später einbrach. Die E-Bike-Sparte verursachte hohe Verluste, nachdem der Fahrradmarkt 2024 massiv eingebrochen war. Lieferprobleme und gestiegene Kosten verschärften die Lage, sodass trotz Nachfrage zeitweise keine Motorräder gebaut werden konnten. Finanzielle Altlasten und Ausschüttungen der Vorjahre schwächten die Eigenkapitaldecke zusätzlich. Als die Verluste 2024 explodierten und das Eigenkapital ins Negative rutschte, blieb nur noch der Gang zum Insolvenzgericht.

Im Sanierungsverfahren wurden drastische Maßnahmen umgesetzt. Zunächst erfolgte eine Restrukturierung der Schulden: Rund 70 % der Verbindlichkeiten werden erlassen, während die Gläubiger eine Quote von 30 % erhalten. Die Auszahlung dieser Quote war nur durch eine externe Finanzierung möglich – hier spielte der indische Miteigentümer Bajaj Auto die Schlüsselrolle und stellte einen Großteil des Kapitals bereit. Staatliche Hilfen gab es nicht.

Parallel dazu wurden zahlreiche Arbeitsplätze abgebaut und die verbliebene Belegschaft auf Kurzarbeit gesetzt. Das Management wurde neu aufgestellt, Stefan Pierer zog sich aus der operativen Führung zurück, Gottfried Neumeister übernahm.

Zusammenfassend fand keine Zerschlagung statt: KTM blieb als Ganzes erhalten, die Insolvenzgefahr im Sinne einer vollständigen Pleite wurde durch die beschlossenen Maßnahmen abgewendet. Entscheidend waren die Kompromissbereitschaft der Gläubiger und die Finanzierung durch Bajaj.

Ausblick für die kommenden Monate

Nach Abschluss des Sanierungsverfahrens im Mai 2025 richtet sich der Blick auf den Neustart. Die Produktion soll bis zum Sommer wieder schrittweise auf vollen Betrieb hochgefahren werden. Ziel ist es, ab Juli 2025 wieder regulär zu produzieren und die entstandenen Lieferverzögerungen aufzuholen.

Strategisch zieht sich Pierer Mobility aus dem verlustreichen Fahrrad- und E-Bike-Geschäft zurück, die verbliebenen Lager werden abverkauft. Die Kernmarken KTM, Husqvarna und GasGas rücken wieder in den Mittelpunkt. Auch eine Beteiligung am italienischen Hersteller MV Agusta wird geprüft und könnte verkauft werden.

Durch die Rettung wächst der Einfluss von Bajaj Auto, dem langjährigen indischen Partner. Es ist wahrscheinlich, dass Bajaj seinen Anteil weiter erhöht und die Kontrolle über KTM stärkt. Für den Standort Mattighofen bedeutet dies wohl mehr internationale Ausrichtung, aber auch neue Chancen auf den globalen Märkten. Das Management und die Politik betonen, dass die Sicherung des Standorts und der Arbeitsplätze oberste Priorität haben.

Die kommenden Monate sind entscheidend. Kurzfristig muss das Vertrauen der Kunden, Händler und Zulieferer zurückgewonnen werden, mittelfristig steht die Umsetzung der Sanierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen an. Die Chancen auf einen erfolgreichen Neustart stehen gut: Die Nachfrage nach KTM-Motorrädern ist trotz Krise weiterhin hoch, das Unternehmen ist schuldenfrei und durch Bajaj finanziell abgesichert. Mit klarem Marktfokus und einer verschlankten Kostenstruktur hat KTM die Voraussetzungen, ab 2026 wieder zu wachsen und zur alten Stärke zurückzufinden.

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Dominik W.
Dominik W.

Ich bin ein begeisterter Motorradfahrer mit einer Ausbildung in Elektrotechnik und IT. Seit über 12 Jahren erkunde ich auf zwei Rädern die Welt, von Island bis zum Balkan. Meine technische Expertise und die Liebe zum Motorradfahren motivieren mich, die besten Motorradprodukte zu erforschen und zu bewerten, um anderen Fahrern zu helfen, ihre Fahrerlebnisse zu verbessern.

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